Negative Zukunftsprojektion
Was geschieht, wenn man den Aktionismus, der eigentlich ein Problem lösen sollte, einfach einstellt?
Man wird mit der zu dem Problem gehörenden negativen Zukunftsprojektion konfrontiert. Die negative Zukunftsprojektion rückt nun plötzlich sehr stark in den Vordergrund. Es scheint so, als würde die schlimmste mit dem Problem verbundene Befürchtung völlig ungebremst über einen hereinbrechen. Das fühlt sich nicht gut an. Deshalb ein paar Worte zur Erklärung, bevor ich damit fortfahre, wie mit dieser Situation umzugehen ist.
Der Aktionismus hatte - als er noch aktiv war - die negative Zukunftsprojektion in Schach gehalten. Der Aktionismus hat die Illusion erzeugt und aufrechterhalten, man würde an einer Lösung arbeiten, obwohl das aber eigentlich gar nicht stimmte, da der Aktionismus ja nie zu einer Lösung führen würde, sondern das Problem im Gegenteil nur verschärft. (Im Moment ist das nur eine Behauptung, dass der Aktionismus das Problem verschärft. Ich muss erst noch ein paar Grundlagen entwickeln, ehe ich erläutern kann, wieso das so ist.)
Aktionismus hält eine Situation aufrecht, in der die Alarmfunktion der inneren Wahrnehmung unterdrückt wird, obwohl die Realität aber eine ganz andere ist. In dem Moment, wo der Aktionismus eingestellt wird, erfolgt innerhalb der Psyche die Konfrontation mit der Situation so, wie sie eigentlich tatsächlich ist. Es erfolgt die Konfrontation mit den befürchteten Auswirkungen eines Problems für das man keine Lösung hat.
Das ist ein Paradox, das für den rationalen Verstand nur schwer zu erfassen ist:
- Während der Aktionismus aktiv ist, lebt man in der Illusion, das Problem würde sich lösen, obwohl das Problem in Wahrheit verstärkt wird.
- Wenn der Aktionismus eingestellt wird, entsteht der Eindruck, gleich würde das Schlimmste geschehen, obwohl das in Wahrheit der erste Schritt zur Lösung des Problems ist und die negative Verstärkung des Problems durch den Aktionismus gestoppt ist.
An dieser Stelle ist es sehr wichtig zu verstehen, dass die Psyche auf ihrer gegenwärtigen Entwicklungsstufe und im Rahmen der wissenschaftlichen Weltsicht eigentlich nicht in der Lage ist, sich in so einer Situation aufzuhalten. Sie muss entweder die Wahrnehmung des Problems ausblenden, verfälschen, unterdrücken oder zurück in irgendeine Form von Aktionismus verfallen. Für die Initiierung des Erkenntnisprozesses muss ein anderes psychisches Verhalten ganz bewusst neu erlernt werden: die direkte und unverfälschte Konfrontation mit einem Problem, für das man keine Lösung hat.
Die wissenschaftliche Weltsicht hat kein Konzept für die Situation: "Ich habe ein Problem aber keine Lösung". Das heißt, es ist im Rahmen der wissenschaftlichen Weltsicht dieser Situation kein Verhalten zugeordnet. Deshalb wird entweder die Situation verleugnet oder mit dem Aktionismus die Illusion einer Lösung geschaffen.
Dass die wissenschaftliche Weltsicht für diese Situation kein Konzept hat, erklärt sich aus ihrer Grundidee: "Das Verhalten der Welt wird von Zufällen und Naturgesetzen bestimmt." Wie sollen Zufälle und Naturgesetze ein Problem lösen? Das können sie natürlich nicht. Der rationale Verstand ist in dieser Weltsicht als höchste Intelligenz gleichzeitig die einzige Instanz, die eine Lösung hervorbringen könnte. Und wenn der rationale Verstand aber keine Lösung hat, dann ist "Ende Gelände".
Mit dem Erkenntnisprozess erschließen wir eine Ressource, die es im Rahmen der wissenschaftlichen Weltsicht nicht geben kann.
Man kann diese Situation nur meistern, indem man sich folgendes wirklich klar macht:
Dass man an dieser Stelle einen Weg einschlägt, den der rationale Verstand auf der Grundlage der wissenschaftlichen Weltsicht weder gehen kann, noch gehen will.